Digitalisierung beschäftigt uns seit vielen Jahren auf allen Ebenen. Die Europäische Kommission hat die Digitalisierung zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht. Die meisten Staaten haben inzwischen eigene Ministerien oder zumindest Staatssekretariate für Digitalisierung geschaffen, die Regionen sind im Wettbewerb um die beste digitale Position und Städte und Gemeinden nehmen zunehmend am Digitalisierungsprozess teil.
Durch den schrecklichen Krieg in der Ukraine ist uns bewusst geworden, dass Digitale Technologien im bewaffneten Konflikt eine Schlüsselrolle spielen – als Werkzeug für Cyberangriffe einerseits und digitalen Widerstand andererseits, oder als Beschleuniger für Information genauso wie Desinformation. Außer Zweifel steht auch die Tatsache, dass die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf von der schon vorher durchgeführten Verwaltungsdigitalisierung bis hinunter auf die lokale Ebene profitiert. Wir sehen, wie wichtig es ist, sich bewusst zu machen, dass die Digitalisierung viele Vorteile mit sich bringt und gar nicht mehr wegzudenken ist, dass sie aber auch in die völlig falsche Richtung gehen, für völlig falsche Ziele eingesetzt werden kann.
Vor allem in der Zeit der Corona-Pandemie ist die Bedeutung der verschiedenen digitalen Anwendungen enorm gestiegen, wenn wir etwa an die digitale Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, an die regional vernetzte Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs und an die Möglichkeiten des Homeoffice denken. Damit können durch die Digitalisierung gerade in den ländlichen Regionen vorhandene Standortnachteile reduziert, vorhandene Stärken ausgebaut und damit gleichwertige Lebensbedingungen geschaffen werden.
Alle müssen daher an der Schließung der „digitalen Kluft“ zwischen Stadt und Land arbeiten. Vorhandene Disparitäten zwischen dem urbanen und ländlichen Bereich müssen abgebaut und dürfen durch die Digitalisierung nicht verschärft werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass viele kleinere Gemeinden nicht über ausreichende Kompetenzen verfügen, den digitalen Wandel zu meistern. Der Aufbau von Digitalisierungskompetenzen ist also eine zentrale Herausforderung für viele Kommunen. Die Zusammenarbeit über Regional-, Stadt- und Gemeindegrenzen muss dazu verstärkt werden. Innerhalb der Gemeinde ist die digitale Vernetzung mit den Unternehmen, den kommunalen Betrieben und den Bürgerinnen und Bürgern unerlässlich. Die Kommunen brauchen eine digitale Strategie, auch gemeindeübergreifend mit den Nachbargemeinden. Wichtig ist dabei, dass die Digitalisierung „Chefsache“, d. h. der Bürgermeister selbst die treibende Kraft ist.
So sehr wir davon profitieren, dass die Digitalisierung die Vernetzung verbessert, sie kann persönliche Nähe keinesfalls ersetzen. Die digitale Welt wird immer eine Ersatz- oder eine Zusatzwelt bleiben. Und schließlich: Digitalisierung muss ein Angebot bleiben, bei dem auf jene nicht vergessen wird, die weder über die notwendigen Fachkenntnisse, noch die technischen Hilfsmittel verfügen.
Gastkommentar von Dr. Franz Schausberger im Magazin PUBLIC, Mai 2022.
Kooperation im Rahmen der 3. IRE-Fachkonferenz "Digitalisierung: Neue Power für die Regionen" am 11. Mai in Linz.
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