Gatsbeitrag von IRE-Vorsitzendem Franz Schausberger für public - das österreichische Gemeindemagazin (9-10/2024)
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Die Frage, wie man die sich zunehmend entleerenden Orts- und Stadtzentren wieder beleben kann, beschäftigt inzwischen fast alle Länder Europas. Durch das Aussiedeln vor allem von Großmärkten und anderen Einrichtungen an die Orts- und Stadtränder werden riesige, bisher unbebaute Flächen verbraucht und versiegelt. Seit dem Jahr 2000 hat die Fläche der verbrauchten Böden um fast ein Drittel zugenommen, pro Jahr werden in Österreich über 40 Quadratkilometer verbraucht, was pro Tag rund 12 Hektar bedeutet. Das entspricht knapp 16 Fußballfeldern. Nun beginnen zwar Supermarktketten darüber nachzudenken, wie man ihre architektonisch nicht gerade anregenden Gebäude sinnvoll multifunktional nützen kann, indem etwa obere Geschosse für Wohnungen, Büros, Kindergärten etc. ausbaut werden.
Das allerdings löst das Problem der sterbenden Zentren nicht. Eher im Gegenteil. Jahrhundertelang waren in der Mitte des Dorfes oder der Stadt auf engem Raum alle Voraussetzungen für das tägliche Leben gegeben: die traditionsreichen Häuser nahe der Kirche, die Gasthöfe, Geschäfte und Handwerksbetriebe, die Schule, der Arzt, die Apotheke, die Post und das Gemeindeamt. Auf dem Dorf- oder Stadtplatz wurde Markt gehalten. Heute sind Orts- und Stadtkerne oft vom Funktionsverlust betroffen. Das Postamt ist seit Jahren geschlossen, der Wirt hat aufgegeben, es gibt auch keinen Arzt mehr im Ort. Kunden wandern ins Internet oder in Einkaufszentren am Gemeinderand ab, Geschäfte schließen, gähnende Leere herrscht in den Ortszentren. So ein Bild gibt es leider inzwischen auch in vielen Regionen Österreichs, aber es ist ein europäisches Phänomen. Nicht nur für das Auge ist ein aussterbender Ortskern ein trauriges Bild, die Folgen sind für die ganze Region verhängnisvoll. Viele Gemeinden glauben, sich über die Errichtung von Shopping-Centern am Ortsrand freuen zu können, da die Kommunalsteuer direkt in das Gemeindebudget fließt. Sie übersehen, dass ihr Ortskern und die ihrer Nachbargemeinden zunehmend aussterben. Die Stärkung der Orts- und Stadtkerne ist daher eine dringende Aufgabe, damit die Gemeinden lebenswert bleiben können, sie ist wichtig für eine nachhaltige Raumentwicklung, für die Daseinsvorsorge, den sozialen Zusammenhalt und die lokale wirtschaftliche Prosperität. Es braucht die Verschränkung von Wohnen, Nahversorgung, Wirtschaft, sozialen Einrichtungen und öffentlichen Freiräumen.
Erfreulicherweise gibt es immer mehr Initiativen, um solchen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Allerdings gibt es nicht eine bestimmte Lösung, sondern es braucht ein Büdel von Maßnahmen.
Konzertierte Aktionen von Bund, Ländern, Regionen und Gemeinden sind dafür notwendig. Kommunen, die "noch" eine lebendige Innenstadt haben sind gut beraten, alles dafür zu tun, dass das so bleibt. Für alle jene, die schon Probleme haben, gibt es inzwischen bewährte Best Practice-Beispiele. Wichtig ist dabei auch, dass die Bürgerinnen und Bürger, alle Akteure und alle Generationen einbezogen werden. Bei ihnen allen ist das Bewusstsein zu schaffen, dass der Ortskern enorme Qualitäten aufweisen kann. Auch interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden ist angesagt, da die gesamte Region gestärkt werden soll. Der Austausch von Erfahrungen unter den Gemeinden ist dazu sehr wichtig.
Im Rahmen des 20. Salzburg Europe Summits wird am 22. Oktober 2024 um 13:00 Uhr das Thema „Wie beleben wir die leeren Ortszentren?“ diskutiert. Das gesamte Programm finden Sie unter www.salzburg-europe-summit.eu
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